Advents-Schach im Erzgebirge - Franz Bräuer kommentiert

Am Zweiten Adventswochenende (06.+07.12.) fand für uns die dritte Doppelrunde in dieser Saison statt. Nachdem wir beim letzten mal nur zwei Mannschaftspunkte gegen die potentiellen Abstiegskandidaten Neutraubling und Passau geholt hatten, waren wir diesmal in der Pflicht.

Aue und Leipzig hieß unser Programm – gegen Aue ging es am Samstag und damit um eine eventuelle Vorentscheidung um den Staffelsieg. Wir traten zwar als nomineller Tabellenführer an, doch Aue hatte ein Spiel in der Hinterhand, da ihr Auftaktspiel verlegt wurde. Gegen Leipzig war besonders das Wiedersehen mit unserem ehemaligen Mitspieler Heiko Machelett ein Vergnügen, auch wenn der Kampf an sich keine Freunde kennen sollte.

Der Kampf gegen Aue begann wie ein echter Spitzenkampf. An jedem der Bretter entwickelten sich interessante und schwerblütige Partien. Zuerst beendeten Matthias und Peter ihre Schwarz-Partien mit jeweiligen Remisen. In beiden Partien war das Gleichgewicht nicht wirklich gefährdet, aber die Partien endeten sicher etwas verfrüht. Zwischenstand also 1-1. Auf allen anderen Brettern blieb es spannend. In meiner Partie gegen GM Roman Slobodjan wurde ich mit einer ganz konkreten Schottisch-Variante konfrontiert, welche ich nicht vorbereitet hatte, aber bis zum 20.Zug kannte. Die Partie wurde ziemlich wild und ich hatte meinen Gegner in der Mangel, doch dann verpasste ich den Gewinn, den mir ironischerweise kurz nach der Partie der Schiedsrichter ansagte, da dieser die Partie (mit Engineunterstützung) bereits eingetippt hatte. Letztendlich wurde auch meine Partie Remis. Doch dann die frohe Botschaft: Troyki konnte gegen seinen jungen Gegner Christoph Peil ein angenehmes Endspiel erreichen, welches er durch etwas Glück zum Sieg führen konnte.

Das bedeutete die Führung in diesem Kampf mit 2,5-1,5. Die restlichen vier Partien schienen sich ebenfalls zu unseren Gunsten zu entwickeln. Unsere tschechischen Großmeister machten ihre Sache gut: Jan hatte eine angenehmere Stellung zu verwalten, während Petr sich Vorteile im Endspiel erarbeitete. Captain Cassi hatte in der Eröffnung mal wieder richtig viel Bedenkzeit investiert und sogar Remis abgelehnt, doch wirklich toll war seine Stellung nicht. Olaf konnte sich gegen IM Wichmann einen Mehrbauern erarbeiten, doch die Verwertung dieses Vorteils gestaltete sich als schwierig. Bei Petr und Cassi wurden die Partien schließlich Remis. Es stand nun 3,5-2,5 für uns. Olaf versuchte viel, doch der Gewinn wollte ihm bei immer knapper werdender Zeit nicht glücken. So schauten wir alle auf Jans Partie. Sein Gegner GM Prohaszka unternahm noch einige Versuche, doch Jan blieb cool und sicherte das Remis und damit den Mannschaftssieg. 4,5-3,5 gegen Aue! Ein echter Mannschaftserfolg stand am Ende des Tages zu Buche und wir nahmen uns vor gegen Leipzig am Sonntag nachzulegen.

Dass es gegen Leipzig kein Selbstläufer werden würde, war uns allen klar, da wir uns gegen nominell schwächere in der Vergangenheit häufig schwer taten. Und es wurde tatsächlich auch ein echter Kampf. Zuerst war der Matchwinner vom Vortag fertig. Troyki hatte nicht viel aus der Eröffnung geholt und wählte daher mit einem Remisangebot den sichersten Weg, um die Partie schnell zu beenden. Doch auf den anderen Brettern wurde es ungemein spannend und interessant. Die nächste beendete Partie brachte eine Entscheidung zu unseren Gunsten: Peter gewann endlich seine erste Partie in dieser Saison nach überzeugender Partieführung.

Dann ein Missgeschick: Matthias hatte eine gute Stellung aus der Eröffnung erreicht, übersah dann aber einen relativ simplen Trick und geriet entscheidend in Nachteil. Zwischenstand 1,5-1,5. Auf den übrigen fünf Brettern gab es folgende Szenarien zu begutachten: Jan hatte mit Schwarz eine bequeme Stellung erreicht und konnte Druck auf den gegnerischen Isolani ausüben. Petr hatte gegen unseren Freund IM Machelett eine schwerblütige Französisch-Partie zu spielen. Ich selbst hatte nach einer vernünftigen Eröffnung einige zweifelhafte Entscheidungen getroffen und stand schlechter in gedrückter Stellung. Cassi hatte seinen Bedenkzeitverbrauch vom Vortag getoppt: nach 9 Zügen hatte er nur noch 13(!) Minuten auf der Uhr und die Stellung wurde in der Folge auch vogelwild. Hier war eine Entscheidung absehbar, da sein junger Gegner Leonard Richter gemeinhin als Taktikmonster bekannt ist. Olafs Gegner hatte früh ein Remis abgelehnt und konnte Druck ausüben, den Olaf mit viel Geschick aushalten konnte. Es wurde dramatisch: in Cassis Partie stand das Brett bei beidseitiger hochgradiger Zeitnot in Flammen, ich selbst konnte keinen Blick darauf werfen, vernahm aber bald darauf, dass diese Partie zu unseren Gunsten gelaufen war. 2,5-1,5! Petr und Heiko einigten sich kurze Zeit später auf Remis. 3-2. Nun liefen nur noch drei Partien. Jan hatte mittlerweile einen Mehrbauern zu verbuchen, Olaf konnte geschickt in ein remises Läuferendspiel abwickeln, doch meine Partie bereitete uns allen Sorgen: ich stand so gedrückt, dass man schon fast sagen konnte, dass ich auf vollem Brett „patt“ war. Ich versuchte zu verteidigen – passiv und aktiv – doch die Stellung wurde nicht besser. In der Endspurtphase unterlief meinem Gegner dann ein Versehen. Statt sofort zu gewinnen, gewährte er mir noch eine Chance. Doch leider fand ich mit wenigen Minuten auf der Uhr nicht mehr die rettende Fortsetzung und verlor die Partie letztendlich auch verdient. So stand es durch dieses Ergebnis und Olafs Remis 3,5-3,5 und wieder schauten wir alle auf Jan. Dieser hatte seinen Mehrbauern großmeisterlich zurückgegeben, um den gegnerischen Turm völlig passiv zu stellen. So war dann auch die gegnerische Stellung mehr oder weniger „patt“ und Jan vollstreckte zum 4,5-3,5-Endstand. Letztendlich war auch dieser Sieg verdient und eine gute Teamleistung. Mit diesen zwei Siegen behaupten wir weiterhin die Tabellenführung und werden im neuen Jahr in den restlichen Runden versuchen, diese nicht mehr herzugeben.

 

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